Blitztechniken

Die einfache und übliche Methode, einen eingebauten Blitz zu verwenden oder ein Blitzgerät auf den Zubehörschuh der Kamera zu schieben, hat den Vorteil, dass die Kamera gut handhabbar bleibt und man sich bei TTL-Blitzen um nichts weiter zu kümmern braucht. Von der Ausleuchtung ergeben sich aber zwei wesentliche Nachteile: Die Lichtquelle ist sehr klein, damit ergibt sich eine sehr "harte" Ausleuchtung mit deutlichen Schlagschatten. Ausserdem sitzt der Blitz nahe an der optischen Achse (die Linie Objektiv - Objekt), was zu dem berüchtigten Rote-Augen-Effekt führt, weil das Auge bis zum (roten) Augenhintergrund ausgeleuchtet wird.

Technisch gilt es, drei Arten von Blitzen zu unterscheiden: Bei der Verwendung von TTL-Blitzen reguliert die Kamera die Belichtung selbständig. Ein Sensor misst während der Belichtung das vom Film reflektierte Licht und schaltet, sobald ein ausreichendes Mass erreicht ist, den Blitz ab. Da dies ein elektronischer Vorgang ist, geht er sehr schnell. Computerblitze haben einen eigenen Sensor, der das vom Objekt reflektierte Licht misst und den Blitz nach erfolgter Belichtung abschaltet. Nachteil gegenüber dem TTL-Blitz ist, dass Filmempfindlichkeit und Blende am Blitz eingestellt werden müssen, was umständlicher und eine potentielle Fehlerquelle ist. Ausserdem werden Objektivvorsätze wie Filter nicht berücksichtigt. Computerblitze sind jedoch beim entfesselten Blitzen universeller einsetzbar. Manuelles Blitzen ist mit allen Blitzgeräten möglich. Die Leistungsfähigkeit von Blitzgeräten wird im Amateurbereich mit der Leitzahl angegeben. Diese errechnet sich aus dem Produkt von Blende und Blitzentfernung. Leitzahl 32 heisst also beispielsweise, dass man bei Blende 4 (32/4=) 8 Meter weit blitzen kann, ist das Objekt nur 2 Meter entfernt, muss man auf  Blende (32/2=) 16 abblenden. Diese Rechnerei macht die Arbeit mit manuellen Blitzgeräten ein wenig mühsam, zumal sie bei Verwendung mehrerer Blitzgeräte noch komplizierter wird. Man sollte die Formel aber auf jeden Fall im Hinterkopf behalten, da sie auch bei automatischen TTL- oder Computerblitzgeräten für die maximale Blitzentfernung gilt.

Bouncen ist eine Technik, die auch als indirektes Blitzen bezeichnet wird. Man kann dabei den (TTL- oder Computer-)Blitz auf der Kamera belassen, wenn er einen sogenannten Schwenkreflektor hat. Das Motiv wird nicht direkt angeblitzt, sondern beispielsweise die Decke, sodass das Motiv nur vom reflektierten Licht beleuchtet wird. Das Beleuchtung wird so viel weicher und kommt nicht aus der optischen Achse. Diese Technik eignet sich insbesondere als Standard bei gesellschaftliche Anlässen. Zu achten ist auf eine ausreichende Leistungsfähigkeit des Blitzgeräts und darauf, dass die Decke (oder Wand), die man anblitzt, weiss ist, da man sonst einen Farbstich bekommt.

Langzeitblitzen bedeutet, mit einer längeren Zeit als der Synchronzeit zu arbeiten. Je länger man belichtet, desto mehr natürliches Umgebungslicht bekommt man auf den Film und desto natürlicher wird dementsprechend die Stimmung wiedergegeben. Berücksichtigt die Kameraautomatik diesen Lichtanteil nicht, kommt es dabei zu Überbelichtungen.

Entfesseln (mit Kabel) ist eine Technik, bei der der Blitz mit einem Kabel von der Kamera getrennt (entfesselt) wird. Moderne Systemkameras erlauben auch eine drahtlose Fernsteuerung des Blitzgeräts, dies ermöglicht den Verzicht auf wackelkontaktanfällige und häufig ein wenig zu kurze Kabel. Durch diese Technik ergeben sich weitgehende gestalterische Möglichkeiten, mit einem oder mehreren Blitzen das Motiv auszuleuchten. Eine klassische Beleuchtungsvariante ist es, den stärksten (TTL-)Blitz als Hauptlicht zu verwenden, mit einem manuellen Ringblitz geringer Leistung schattenfrei aufzuhellen und eine separate Hintergrundbeleuchtung zu arrangieren.

Entfesseln ohne Kabel geht auch ohne drahtlose TTL-Steuerung. Beim sogenannten Offenblitzen löst man den Blitz von Hand aus, während der Verschluss geöffnet ist. Möchte man sich die Rechnerei mit Leitzahlen ersparen, ist ein Computerblitz von Vorteil. Man kann die Kamera in einer und den Blitz in der anderen Hand halten, den Verschluss öffnen (Stellung B), den Blitz auslösen und den Verschluss wieder schliessen. Mit einer gewissen Übung kann man zu zweit arbeiten, oder den Selbstauslöser benutzen (Belichtungszeit etwa eine Sekunde) und den Blitz auslösen, wenn man die Verschlussauslösung hört. Da man recht lange Verschlusszeiten benötigt, ist diese Technik nur unter schlechten Lichtverhältnissen anwendbar, damit das Umgebungslicht gegenüber dem Blitzlicht keine wesentliche Rolle spielt. Weiterhin kann man bei Langzeitbelichtungen wie Nachtaufnahmen einen dunklen Gegenstand gezielt anblitzen, oder aber auch im Motiv umherwandeln und mit mehreren Blitzen Gegenstände anleuchten. Dabei sollte man aber darauf achten, dass das Blitzgerät möglichst nicht für die Kamera sichtbar oder zumindest von ihr weg gerichtet ist. Beim Blitzen nach Leitzahl ist stets der Abstand Blitz - Objekt massgebend, nicht der Abstand Kamera - Objekt.

Blitzen auf den 2. Verschlussvorhang ist eine technische Besonderheit, die einige Spiegelreflexkameras bieten. Der Blitz wird dann bei längeren Belichtungszeiten als der Synchronzeit nicht ausgelöst, wenn der 1. Verschlussvorhang des Schlitzverschlusses völlig geöffnet ist, sondern direkt bevor der 2. schliesst. Dies verändert die Bildwirkung, wenn bewegte Lichtquellen abgebildet werden: Ist das Motiv beispielsweise ein fahrendes Auto bei Nacht, Belichtungszeit rund eine Sekunde, so wird das Auto durch den Blitz scharf abgebildet, von dieser Abbildung gehen dann die Leuchtspuren der Scheinwerfer oder Rückleuchten aus. Blitzen auf den 2. Verschlussvorhang setzt die Abbildung an das Ende der Leuchtspur, was den Bewegungsvorgang realistischer erscheinen lässt. Der Effekt lässt sich auch bei Kameras erreichen, die diese Möglichkeit nicht bieten, indem man die Bewegung rückwärts ausführt.

Mit mehreren Blitzen lässt sich eine komplexe Beleuchtung aufbauen. Um die Blitze gleichzeitig auszulösen, muss man sie mit Kabeln verbinden. Eine Alternative zu den Kabeln sind Tochterblitze (Slaves), die über eine eingebaute oder an den Blitzschuh angschlossene Fotozelle auslösen, sobald ein starker Lichtanstieg durch einen an die Kamera angeschlossenen Blitz registriert wird. Das Bestimmen der korrekten Blende setzt einen Blitzbelichtungsmesser oder sehr viel Rechnerei voraus. Beim Fotografieren unbewegter Objekte müssen die Blitze nicht notwendigerweise gleichzeitig ausgelöst werden, hier ist es auch durch lange Belichtungszeiten oder Mehrfachbelichtung möglich, das Motiv mit nur einem Blitz durch mehrmaliges Blitzen auszuleuchten.

Kreuzpolblitzen unterdrückt Refexe von fotografierten Gegenständen. Eine vor den TTL-Blitz gesetzte Polfilterfolie erzeugt polarisiertes Licht, ein zweites, vor das Objektiv gesetztes Polfilter wird (z. B. mit Hilfe eines Spiegels) auf Auslöschung eingestellt. Direkte Reflexe werden so eliminiert, nur gestreutes Licht gelangt auf den Film. Eine Besonderheit: Durchsichtige Gegenstände (Plexiglas) ergeben im polarisierten Durchlicht von der mechanischen Belastung abhängige farbige Linienmuster.

Einige Formeln zum Rechnen mit Leitzahlen:
 


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